Düsseldorf, 3. Oktober 2024 – „Die Plastische Chirurgie mit ihren vier Säulen der Rekonstruktiven-, Hand-, Verbrennungs- und Ästhetischen Chirurgie deckt ein breites medizinisches Spektrum ab“, erläutert Prof. Dr. Lehnhardt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie einleitend. Als ein Fach der Technik sei sie häufig Support Struktur für andere Fachgebiete, um die Behandlung optimal abzuschließen. Beispiele seien etwa die Deckung von Defekten nach Tumorentfernung, die Körperstraffung nach großer Gewichtsabnahme, die Liposuktion also Absaugung beim Lipödem oder auch motorische Ersatzoperationen, also die Umnutzung und Repositionierung von Muskeln und/ oder Sehnen und Nerven, um Funktionen wiederherzustellen. Dieses breite Spektrum, so Lehnhardt, drohe angesichts der anstehenden, notwendigen Neustrukturierung im Gesundheitswesen verloren zu gehen, was einen erheblichen Rückschritt in der Patientenversorgung mit sich bringen würde.
Schnittstellenfach verorten
„Mit der Vorstellung der dritten Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausreform zum Thema „Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ wurde klar, dem Gesundheitswesen und damit auch unserem Fachgebiet stehen große Umbrüche bevor“, erinnert sich Lehnhardt und berichtet weiter: „Es galt herauszuarbeiten, welche Mindestanforderungen für die Leistungsgruppe „Plastische und Rekonstruktive Chirurgie“ erforderlich seien und welche Behandlungen nur in dieser Gruppe erbracht werden sollen.“ Vor allem letztes gestalte sich schwierig, da kaum Daten zum Volumen der erbrachten Leistungen vorlägen. „Da wir außer in der Handchirurgie und Verbrennungsmedizin selten eine Krankheit in Gänze behandeln, sondern andere Abteilungen unterstützen, lässt sich aus vorhandenen Abrechnungsdaten kaum ermitteln und belegen, wo unsere Abteilungen zwingend beteiligt sein sollten.
Transparenz schaffen
Noch problematischer sei die Situation mit dem im März in Kraft getretenem Krankenhaustransparenzgesetz geworden. Mit diesem sei nun klar, welche Leistungsgruppen es nun im ersten Wurf geben solle, die Leistungsgruppen Handchirurgie sowie Verbrennungsmedizin seien damit entfallen, für die Plastische und Rekonstruktive Chirurgie sei es nun erforderlich, Kombinationen von ICD Codes (Erkrankungen) mit OPS-Codes (Behandlungsverfahren) zu definieren, die dann im Bundes-Klinik-Atlas abrufbar seien sollten. „Das InEK hat unseren zweiten Vorschlag dazu zunächst angenommen, wir sind gespannt, wie das dann umgesetzt wird. Zwar geht es hier zunächst lediglich um den Klinik Atlas, es liegt aber auf der Hand, dass diese Definition auch die weiteren Reformen und damit auch den Rahmen unseres Faches prägen wird“, ist sich Lehnhardt sicher. So auch das aktuell im Bundestag beratene Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (KHVVG). Ein Lichtblick sei, dass die Plastische und Rekonstruktive Chirurgie zu den chirurgischen Leistungsgruppen zähle, das Transparenzgesetz halte weiter an der Leveleinteilung fest, Level III erfordere fünf chirurgische Leistungsgruppen, Level II drei. „Um die Anforderungen zu erfüllen, bietet es sich an, eine Plastisch-chirurgische Abteilung im Haus aufzubauen. Die strukturellen Anforderungen seien vergleichsweise gering und mit einer Abteilung für Plastische Chirurgie sichere man eine chirurgische Supportstruktur von Kopf bis Fuß ab. „Davon können Kolleginnen und Kollegen anderer Fächer deutlich profitieren und vor allem die Patient:innen“, zeigt sich Lehnhardt überzeugt.
Weiterbildung sichern
Neben diesen Entwicklungen gäbe es den nachvollziehbaren und sinnvollen Wunsch, Patient:innen zunehmend ambulant zu behandeln. „Hybrid DRGs sind hier das Stichwort, mit ihnen soll verstärkt nicht stationär behandelt werden, erstmals werden dazu sektorengleiche Vergütungen für Klinik und Praxis gebildet“, das Ansinnen an sich sei nachvollziehbar, so Lehnhardt, in unserem Fall wird es wohl primär die Handchirurgie betreffen. Das große Problem sei, dass diese Eingriffe zwingend in der Weiterbildung erlernt werden müssten, diese finde aber primär in Krankenhäusern und nicht in Praxen statt. „Wir kennen das Problem, die Weiterbildung in Gänze zu gewährleisten aufgrund der Breite unseres Faches schon lange. So ist es schon lange schwierig, den rund 80 jährlichen Absolventen im Fachgebiet eine ausreichende Weiterbildung in der Verbrennungsmedizin zu ermöglichen“, berichtet Lehnhardt als Chefarzt der BG Klinik Bochum mit Zentrum für Schwerbrandverletzte aus eigener Erfahrung. Die Ambulantisierung werde die Situation weiter verschärfen. Hier seien die Kammern gefordert, Verbundweiterbildungen deutlich zu vereinfachen. Auch die Fachgesellschaft beschäftige sich mit dem Thema und plane eine begleitende curriculare Weiterbildung. Um diese und andere Themen gehe es auch in der Sitzung „Wie sieht die Weiterbildung der Zukunft aus: Podiumsdiskussion zur Krankenhausreform und Weiterbildung“ am Donnerstagnachmittag. „Ich freue mich schon, diese Zukunftsfragen dann auch mit dem Präsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe Arnold Gehle, einem Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und anderen zu diskutieren“, schließt Lehnhardt.