Berlin – „Die Plastische und Ästhetische Chirurgie befasst sich mit Wiederherstellungs- und Ästhetischer Chirurgie an allen Körperregionen und ist interdisziplinär im medizinischen Fächerkanon. Für unterschiedlichste Patienten werden individuelle Lösungen entwickelt. Gewebeersatz durch Eigenfetttransplantation kann bei Substanzdefekten, Konturunebenheiten, Narben durchgeführt werden. Aktuell birgt die autologe Fetttransplantation großes Potential und wird mit Nachdruck erforscht“, leitet Prof. Dr. Jutta Liebau, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie ein.
Von der Rekonstruktion und Ästhetik bis hin zur Regeneration
„Die so genannte ,autologe‘ Fetttransplantation, also das Einbringen von zuvor an anderer Stelle entnommenen Fettzellen, erlebt nach ihrer Erstanwendung vor über hundert Jahren eine Renaissance“, berichtet Prof. Liebau weiter. Im Bereich der Rekonstruktion werde sie eingesetzt, zum Beispiel zur Narbentherapie, zur Formkorrektur im Bereich der Brust, zur Brustrekonstruktion oder bei der Kapselfibrose nach Implantatchirurgie. Aber auch in der Ästhetik findet sie Anwendung, etwa zur Volumenergänzung und Faltenbehandlung des Gesichtes oder auch zur Vergrößerung der Brust. In allen Bereichen werde dabei angestrebt, dass möglichst viele Zellen den Prozess überstehen und es nicht zu einem Abbau nach der Injektion, der so genannten Resorption komme. „Dabei schwanken die Aussagen zur Einheilungsrate beträchtlich zwischen 30 Prozent und über 80 Prozent, wobei Entnahme- und Injektionstechnik hierauf einen Einfluss ausüben wie auch die Durchblutungssituation im Bereich der Fettinjektion, z. B. eine Vorbestrahlung oder auch Rauchen. Häufig sind wiederholte Fetttransplantationen notwendig.“ Besonders erstaunlich sei, so Prof. Liebau, dass durch das Verfahren offenbar auch regenerative Effekte stimuliert würden. So habe Sydney Coleman in den 90er-Jahren entdeckt, dass nach Formkorrektur der Nase mit Eigenfett auch eine Narbe an der Nase deutlich verbessert wurde. Die Forschungen hierzu seien aber noch nicht abgeschlossen, der Wirkmechanismus noch nicht abschließend geklärt. Aber bereits heute würden erstaunliche Effekte bei stark vernarbten oder auch durch Bestrahlung geschädigtem Gewebe erreicht.
Alles was Recht ist
„Dabei sind die Forschungs- und Anwendungsmöglichkeiten stark von der nationalen Rechtslage abhängig“, berichtet Prof. Liebau weiter. So müsse die Absaugung, Aufbereitung und das Widereinbringen des Fettes in Deutschland in einem Vorgang erfolgen – ansonsten verstoße man hierzulande gegen das Gewebegesetz. „Mit dem so bearbeiteten Fett lassen sich dann Gewebedefekte ausgleichen, etwa Brustfehlbildungen korrigieren.“ Werde das Fett weiter bearbeitet, etwa mit Stammzellen angereichert, falle dies in Deutschland unter das Arzneimittelgesetz: “Forschungen in diesem Bereich bedürfen daher recht aufwändiger Genehmigungsverfahren“, berichtet Prof. Liebau und schließt, dass die Plastische Chirurgie auch für die Reinjektion nicht bearbeiteter Fettzellen eine stringente Qualitätssicherung unter Einsatz evidenzbasierter Leitlinien benötigen, um maximale Patientensicherheit zu erreichen. Unter Leitung der DGPRÄC werde aktuell eine Leitlinie zum Thema angestrebt.