Brustimplantat assoziierte Erkrankungen

BIA-ALCL (Brustimplantat assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom)

Was ist BIA-ALCL?

Das BIA-ALCL ist ein sehr seltenes Non-Hodgkin-Lymphom, von dem mehrere Untertypen bekannt sind. Ein möglicher Zusammenhang mit Brustimplantaten wurde vor mehr als zehn Jahren vermutet. Das BIA-ALCL ist eine sehr vereinzelt vorkommende Erkrankung, bei der es sich nicht um Brustkrebs handelt. Es wurde bei einigen Frauen mit Brustimplantaten entdeckt. Wenn es früh entdeckt wird, ist es in der Regel gut heilbar. Es wird aber auch von Todesfällen berichtet. Grundsätzlich wird daher empfohlen, regelmäßig eine sonographische Kontrolle wahrzunehmen. Das ALCL kann auch in Lymphknoten, Haut, Knochen, Weichteilgewebe, Lunge oder Leber auftreten.

Schematische Darstellung BIA-ALCL

Symptome BIA-ALCL

Zu den häufigen Symptomen gehören eine große Flüssigkeitsansammlung um das Implantat
(Serom), Knoten in der Brust oder in der Achselhöhle, darüber liegender Hautausschlag, Brustvergrößerung, Schmerzen, Asymmetrie oder Verhärtung der Brust, die sich meist nach mehr als einem Jahr nach der Implantation und im Durchschnitt nach etwa zehn Jahren entwickeln. Patientinnen, bei denen diese oder andere Symptome auftreten, sollten ihren Arzt aufsuchen.

Bei wem tritt BIA-ALCL auf?

BIA-ALCL wurde sowohl bei Silikon- und Kochsalzlösungsimplantaten als auch bei Patientinnen nach Brustrekonstruktionen und ästhetischen Behandlungen festgestellt. BIA-ALCL tritt in der Nähe des Brustimplantats innerhalb der fibrösen Narbenkapsel und nicht im Brustgewebe selbst auf.
Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass Implantate mit einer bestimmten Texturierung das Risiko erhöhen, an ALCL zu erkranken. Allerdings wurden bisher noch keine klinischen Studien dazu durchgeführt. Jedoch werden die aufgetretenen Fälle gemeldet und zukünftig in einem Implantatregister erfasst. Alle Gesundheitseinrichtungen sind (voraussichtlich) ab dem 1. Juli 2024 dazu verpflichtet, eingesetzte Implantate zu erfassen. Davon wird eine bessere Datengrundlage über eventuelle Nebenwirkungen erhofft.
Der Hersteller Allergan hat in Europa bereits im Dezember 2018 vorsorglich alle noch vorrätigen makrotexturierten Implantate zurückgerufen, ein weltweiter Rückruf folgte im April 2019, ein Rückruf bereits implantierter Implantate erfolgte nicht. Mittlerweile haben sämtliche Hersteller die fraglichen Produkte vom Markt genommen.

Wie wird BIA-ALCL behandelt?

Bei einer Laboranalyse der Flüssigkeit (Serom), die sich um das Implantat herum bildet, wird festgestellt, ob die Frau an BIA-ALCL erkrankt ist. Wird es diagnostiziert, folgt ein PET/CT-Scan, um festzustellen, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist. Die Patientinnen werden zur Beurteilung und der Behandlungsplanung an einen Onkologen überwiesen. Bei Patientinnen, bei denen BIA-ALCL lediglich um das Implantat diagnostiziert wurde, wird das Brustimplantat mit der umgebenden Narbenkapsel operativ entfernt. Bei Knoten in der Achselhöhle kann es sich um eine Erkrankung handeln, die sich auf die Lymphknoten ausgebreitet hat, oder um eine normale Vergrößerung der Lymphknoten. Die Untersuchung der Lymphknoten wird mit einer Nadelbiopsie oder mit einer Operation zur Entfernung eines Lymphknotens zur Untersuchung durchgeführt. Zur Abklärung werden manchmal Blutuntersuchungen und eine Knochenmarksbiopsie angeordnet. Einige Patientinnen mit fortgeschrittenem BIA-ALCL benötigen in sehr wenigen Fällen eine weitere Behandlung mit Chemotherapie, eine Strahlentherapie und/oder eine Stammzellentransplantationstherapie. Nach dem Entfernen des BIA-ALCL werden die Patientinnen in regelmäßigen Intervallen mit bildgebenden Tests wie PET/CT-Scans beobachtet. Ein Rezidiv ist nach der chirurgischen Entfernung im Frühstadium der Erkrankung selten.
Für das BIA-ALCL hat die DGPRÄC mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen eigenen Meldebogen entwickelt, um über diesen Weg weitere Klarheit zum Krankheitsbild zu erreichen.

BII (Breast Implant Illness)

Was ist Breast Implant Illness?

Bei der Breast Implant Illness handelt es sich um einen Komplex aus zahlreichen systemischen Symptomen, die bei Trägerinnen von Brustimplantaten aus Silikon auftreten. Sie hat symptomatische Überschneidungen mit dem sog. ASIA (Autoimmune Syndrome Induced by Adjuvants) und wird zunehmend auch als SSBI
(systemic symptomes associated with breast implants) bezeichnetet. Berichtet wird ein sehr breites Spektrum von Symptomen, die meist auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. Sie umfassen unter anderem chronische Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Herzrasen, Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen, Migräne, Muskelschwäche, Taubheitsgefühle, Hautauschlag, depressive Verstimmung, hormonelle Beschwerden und andere. Eine gründliche Abklärung zum Ausschluss von Differentialdiagnosen ist daher erforderlich.

Therapie

Bisher konnte die pathophysiologische Kausalkette zwischen Brustimplantaten und der BII nicht abschließend nachgewiesen werden. Wissenschaftliche Studien hierzu dauern an. Spezifische diagnostische Marker zum Nachweis einer möglichen Erkrankung existieren aktuell nicht. Eine Klassifizierung per ICD-10-Code und Anerkennung als Erkrankung durch die WHO liegen aktuell nicht vor. Sowohl Patientinnen als auch Ärzte berichten allerdings von einer nachhaltigen Verbesserung der Beschwerden nach einer Explantation der Implantate. Diese erfolgt je nach intraoperativem Befund mit oder ohne die umgebende Kapsel. Es liegen allerdings auch Publikationen und Patientenberichte vor, bei denen die Entfernung der Implantate nicht zu einer Verbesserung geführt hat.

BIA-SCC (Brustimplantat assoziierte Plattenepithelkarzinom)

Was ist das BIA-SCC?

Das Brustimplantat assoziierte Plattenepithelkarzinom (BIA-SCC) ist ein seltenes, aber potenziell aggressives Plattenepithelkarzinom der Brust, das in der Kapsel von Silikon- und Kochsalzsilikonimplantaten seinen Ursprung hat. Es tritt auch bei glattwandigen Implantaten auf. Da bisher erst wenige Fälle dieser Tumorentität diagnostiziert wurden, ist es aufgrund der geringen Fallzahl noch nicht möglich, Risikofaktoren für Patienten zu bestimmen.
Die Datenlage zu diesem Thema ist begrenzt und erst in Entwicklung. Dennoch hat die Amerikanische Gesellschaft für Plastische Chirurgie (American Society of Plastic Surgeons (ASPS) ihre Mitglieder im September 2022 spezifisch über das Brustimplantat-assoziierte Plattenepithelkarzinom mit einem Statement informiert, um eine gesteigerte Aufmerksamkeit und eine verbesserte Entscheidungsfindung in der klinischen Situation zu ermöglichen. Die DGPRÄC hat dieses Statement übersetzt und stellt es über ihre Webseite im Bereich Patienten/ Implantatesicherheit, um aktuelle Fakten angereichert, zur Verfügung. In Deutschland ist aktuell (Stand 10.04.2024) kein Fall gemeldet.

Therapie

Das BIA-SCC zeigt ein hochaggressives Wachstumsverhalten, weshalb empfohlen wird, eine onkologische Resektion im Sinne einer En-bloc-Entfernung der Kapsel-Implantat-Einheit und des Tumors vorzunehmen. Je nach individuellem Befund kann dies entsprechend durch eine Sentinel-Lymphonodektomie oder bei Infiltration der Brustdrüse bzw. -wand durch eine subkutane Mastektomie ergänzt werden. Daten zu weiteren adjuvanten Therapien wie Bestrahlung oder Chemotherapie existieren derzeit nicht ausreichend, wobei in wenigen Fällen schlechte Ansprechraten beschrieben sind.

Verhaltenstipps

Die DGPRÄC nimmt die Sorgen und Beschwerden der Patientinnen sehr ernst. Die Gesellschaft rät aktuell:
Wenn Sie Beschwerden haben, die eventuell mit Ihren Implantaten in Verbindung stehen könnten, setzten Sie sich mit Ihrem behandelnden Arzt in Verbindung. Dieser berät Sie gerne!

Wenn Sie keine Probleme mit dem Implantat haben, besteht kein Grund, jetzt etwas zu unternehmen oder beunruhigt zu sein. Nehmen Sie die empfohlene routinemäßige Kontrolle im jährlichen Turnus wahr.
Bevor Sie sich aus ästhetischen oder rekonstruktiven Gründen für ein Brustimplantat entscheiden, informieren Sie sich umfassend bei vertrauenswürdigen Quellen. Ihr Arzt ist verpflichtet, Ihnen einen Implantatpass auszuhändigen. Verwahren Sie diesen gut.

Weiterführende Informationen finden Sie hier:
https://www.dgpraec.de/patienten/sonderthemen/implantatsicherheit/