Berlin – „Die begrenzt zur Verfügung stehenden Daten bestätigen die Sorge, dass rupturierte PIP-Implantate Entzündungen auslösen können. Daher sei aus Sicht der Expertengruppe jeder Fall individuell zu betrachten, und Patientinnen sollten sich an ihren Arzt wenden“, berichtet Prof. Dr. Peter Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) aus dem am 2. Februar vorgelegten Bericht des bei der EU-Kommission angesiedelten „Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks“ (SCENIHR). „Durch die Expertenkommission ist nun auch bestätigt, dass der Hersteller PIP (Poly Implants Prothèses) offenbar Implantate mit unterschiedlichen Füllungen vertrieben hat, weshalb diese in ihrer Ausführung stark variieren“, führt Prof. Vogt weiter aus. Er berichtet weiter, dass das SCENIHR auf der Basis der verfügbaren Daten festgestellt habe, dass viele Implantate nicht mit medizinischem Silikon gefüllt seien. Das verwendete Silikon enthalte eventuell Komponenten, die durch die Hülle austreten und in das Gewebe eindringen könnten. „Ich bin froh, dass hier mit vereinten Kräften auf europäischer Ebene interdisziplinär geforscht wird“, konstatiert Prof. Vogt und begrüßt ausdrücklich, dass diese Arbeiten auf Basis der durch die Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellten Daten weiter fortgeführt werden soll. „Nationale Alleingänge wären hier wohl kaum hilfreich, zumal Rechtslage und Zulassungssystem europäisch geregelt sind.“
Strukturelle Maßnahmen und Forderungen Außerordentlich begrüßt Prof. Vogt die Ankündigung des Europäischen Kommissars für Gesundheit und Verbraucherschutz, John Dalli, mit den Mitgliedsstaaten Sofortmaßnahmen zu diskutieren, um die bestehende Überwachung von bereits auf dem Markt befindlichen Medizinprodukten zu verbessern, um die Risiken eines Betrugs zu minimieren. „Die vorgeschlagenen unangemeldeten Kontrollen, die verstärkte Prüfung der so genannten ,Benannten Stellen’, die letztlich das CE-Zeichen verleihen, sowie die Prüfung der bereits auf dem Markt befindlichen Produkte ist sicher ein guter erster Schritt“, konstatiert Prof. Vogt – zumal die seit 2010 verpflichtenden klinischen Prüfungen nicht rückwirkend für Altprodukte wie PIP-Implantate eingeholt worden seien. Zeitgleich erfolge ein so genannter „Stresstest“ des aktuellen europäischen Medizinprodukterechts, um mit Blick auf die durch diesen Fall ausgelösten Fragen die für das erste Quartal 2012 bereits vorgesehene Änderung der Rechtslage entsprechend anzupassen. „Ich bin gespannt, wie sich Deutschland in dieser Frage verhalten wird und hoffe sehr, dass das Patientenwohl bei allen Entscheidungen im Focus steht“, formuliert Prof. Vogt. Er macht deutlich, dass aus seiner Sicht ein zentrales verpflichtendes Register einen entscheidenden Mehrwert bieten würde: „So ließen sich klinische Verlaufsdaten zentral sammeln und Empfänger von Medizinprodukten im Bedarfsfall schnell eruieren“, konstatiert Prof. Vogt und ergänzt, dass auch die Einführung eines besonderen CE-Zeichens bei Markteinführung, verbunden mit verstärkter Berichtspflicht von Anwendern und Herstellern aus seiner Sicht die Sicherheit von Medizinprodukten deutlich erhöhen könnte.