Stuttgart – „Die Diagnose Brustkrebs ist für Frauen ein schwerer Schock, der sich mit besserer Kenntnis um die vielfältigen Rekonstruktionsmöglichkeiten sicher mindern ließe“, leitet Prof. Dr. Günter Germann, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen ein und ergänzt, dass sowohl eine Sofortrekonstruktion gleichzeitig mit der Amputation aber auch ein sekundärer Eingriff möglich sei.
Mikrochirurgie spart Muskelmasse
„Dabei haben sich die Techniken in den letzten Jahrzehnten vor allem bei der Rekonstruktion mit eigenem Gewebe entscheidend weiterentwickelt,“ konstatiert Germann. Bisher wurde die Brustrekonstruktion mit Eigengewebe häufig mit Muskel/Hautgewebe vom Rücken oder Bauch durchgeführt; Gefäßanschlüssen und Muskelgewebe verpflanzt. Die Folge sei, dass man an der Entnahmestelle Muskelmasse abnehme, die dann dort fehle; weiterhin könnten Muskeln nach der Transplantation an neuer Stelle auch schrumpfen und sich das Volumen der wiederhergestellten Brust somit verändern. „Vermieden wird dies bei einer schonenden mikrochirurgischen Rekonstruktion mit Gewebe vom Bauch oder vom Po. Hier wird das Gewebe ohne Muskulatur entnommen und die versorgenden feinsten Blutgefäße werden unter dem Mikroskop wieder angeschlossen. Für die Patientinnen hat diese Methode auch den Vorteil, dass mit diesem Eingriff eine Bauchdeckenstraffung einher geht“, führt Germann aus.
Aufklärung mangelhaft!
„Insbesondere bei der mikrochirurgischen Rekonstruktion, aber auch bei den klassischen Formen der Wiederherstellung der Brust mit Eigengewebe ist die Ausbildung des Arztes von besonderer Bedeutung,“ erläutert Germann und ergänzt, dass bei durch die EUSOMA (Europäische Gesellschaft für Brusterkrankungen) zertifizierten Brustzentren daher auch die Beteiligung eines Plastischen und Ästhetischen Chirurgen Voraussetzung sei, was im Übrigen internationalem Standard entspreche. „Schließlich ist es schon am Beginn der Behandlungskette für die Patientin von enormer Bedeutung, über alle möglichen Rekonstruktionsverfahren aufgeklärt zu werden, so dass die gesamte Behandlung entsprechend durchgeführt wird. Diese Aufklärung und der Eingriff kann und muss aus unserer Sicht durch einen Plastischen Chirurgen erfolgen,“ fordert Germann und führt aus, dass die in Deutschland verbreitete Zertifizierung durch OnkoZert leider nur einen „Brustchirurgen“ vorsehe, den wiederum gäbe es in der ärztlichen Weiterbildungsordnung aber nicht. Weshalb eine qualitätsgesicherte Leistungserbringung durchaus zu hinterfragen sei. „Mit geschätzten 10 Prozent der Patientinnen, die sich in Deutschland die Brust wieder aufbauen lassen, hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher, eine Erklärung dafür ist sicherlich auch, dass nicht, wie international üblich, ein Plastische Chirurg selbstverständlicher Partner beim Wiederaufbau ist,“ konstatiert Germann. Die DGPRÄC habe es sich daher zum Ziel gesetzt, hier verstärkt aufzuklären, gesonderte Verzeichnisse für betroffene Patientinnen aufzulegen und evtl. eine eigene Zertifizierung umzusetzen, kündigt der Präsident des Berufsverbandes der Plastischen Chirurgen an.