DGPRÄC und GÄCD informieren:
Bis auf Weiteres keine Brustvergrößerung mit „Macrolane™“

Berlin – Die Markteinführung von „Macrolane™“ im Jahr 2008 glich einer Sensation: „Brustvergrößerung ohne Skalpell – gefahrlos mit Zuckerlösung“. Mit dem Wirkstoff Hyaluronsäure, der zuvor zur Faltenunterspritzung eingesetzt worden war, sollte nun auch das Dekolleté vergrößert werden. Doch im April 2012 entschied der Hersteller „Q-Med/Galderma“ die „Macrolane™“-Zulassung für „diese Indikation vorübergehend aus der Zulassung zu nehmen.“ Weiter hieß es: „Die Behandlung der Brust wird daher nicht mehr empfohlen und auch nicht mehr von unserem Unternehmen an die Ärzteschaft unterstützt.“ Begründung: Bei Radiologen bestehe Uneinigkeit, wie bei der Untersuchung von mit „Macrolane™“ behandelten Patientinnen vorzugehen sei. „Sofern Ärzte ,Macrolane™’ weiter verwenden, geschieht dies im ,Off-Label-Use’ – also auf eigene Verantwortung und ohne Versicherungsschutz über den Hersteller. Auch der Haftpflichtversicherer des Arztes springt in diesen Fällen nur ein, wenn er im Vorfeld ausdrücklich Versicherungsschutz zugesagt hat“, erläutert Prof. Dr. Peter M. Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). Bereits 2008 habe man vor der Anwendung gewarnt, da das Produkt zwar intensiv für die Brustvergrößerung beworben wurde, zunächst aber keine Zulassung für diese Indikation bestand.

Risiken und Nebenwirkungen
„Schon damals haben wir auch darauf hingewiesen, dass unklar ist, wie sich die erheblichen Mengen abbauen, es denkbar erscheint, dass sich Verkapselungen und Granulome ergeben und das Erkennen von Brustkrebs erschwert werden könnte“, erinnert Prof. Vogt. Bei unerwünschten Nebenwirkungen seien die Kassen zudem verpflichtet, Patientinnen an den medizinischen Folgekosten angemessen zu beteiligen. „Zu den gesundheitlichen Risiken kommen somit finanzielle“, stellt Vogt klar. Die früh geäußerten Bedenken scheinen sich nun zu bestätigen.

Wissenschaftliche Aufarbeitung
Im September 2011 bat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) um eine fachliche Stellungnahme der DGPRÄC. Dr. Ziah Taufig, Mitglied der DGPRÄC und Generalsekretär der fachübergreifenden Gesellschaft Ästhetischer Chirurgen Deutschland (GÄCD), nahm sich des Themas an. „Die Literatur ist dünn, beschriebene Einzelfälle deuten aber zumindest folgende Risiken an: Die genannten Probleme bei der Diagnose von Brustkrebs, wobei sowohl deutlich verzögertes Erkennen als auch Falschdiagnosen berichtet wurden – beides ist für die Patientinnen fatal“, konstatiert Taufig und ergänzt, dass es unterschiedliche Empfehlungen gebe, wie das Gel zu injizieren sei. „Wird ein Depot gewählt, bleibt das Gel offenbar nicht im Gel-Depot, sondern wandert. Nach falscher Injektionstechnik litt eine Patientin unter sicht- und tastbaren Knoten, eine andere Patientin hatte noch zwei Jahre nach der Injektion hartnäckige Schmerzen im Arm und an der Brustwand. In einem Fall war eine Revision des Eingriffs erforderlich. Nach Eröffnung der Brust fand sich eine verklebte Grenzschicht, Gel wurde auch im Fett, im Brustdrüsengewebe sowie im Pektoralismuskel gefunden“, berichtet Taufig aus der Literatur zum Thema und macht deutlich, dass hier mehr geforscht werden müsse. Obwohl Hyaluronsäure schon lange in geringen Mengen zur Unterspritzung von Falten genutzt werde, stecke die wissenschaftliche Aufarbeitung, wie das Produkt im Gewebe wirkt, noch in den Kinderschuhen. Dabei müsse im Rahmen der Brustvergrößerung besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, wie sich die chemisch hergestellten und nur bedingt mit der körpereigenen Hyaluronsäure vergleichbaren Füllsubstanzen im hormonellen Brustgewebe verhalten. Im Bereich der Faltenunterspritzung und der großflächigen Anwendung sei weiterhin zu erforschen, wie sich das Gel bei Entzündungen im Körper verhält. „Für die Beantwortung dieser Fragen gibt es zumindest Hinweise und Ansätze. Andere Fragen sind völlig offen – so etwa, wie sich der Füllstoff verhält, wenn sich eine Schwangerschaft einstellt“, konstatiert Taufig abschließend.

Konsequenzen und Forderungen
Prof. Vogt ergänzt, dass sich auch hier zeige, wie wertvoll ein verpflichtendes unabhängiges Zentralregister sei. So verweise der Hersteller darauf, dass er seit Markteinführung ein Meldesystem zur Erfassung und Bewertung von unerwünschten Wirkungen installiert habe, wobei seither keine Sicherheitsprobleme festgestellt worden seien. „Das Ergebnis von Dr. Taufigs Literaturanalyse spricht leider eine andere Sprache, Komplikationen wurden durchaus beobachtet, die Frage ist wohl, wann eine solche als Sicherheitsproblem gewertet wird. Die wissenschaftliche Aufarbeitung würde durch ein Zentralregister, verbunden mit einer besonderen Kennzeichnung und Vorgehensweise bei Markteinführung, eine schnellere Analyse deutlich vereinfachen“, macht Vogt klar und betont, dass man die EU und das Bundesministerium für Gesundheit daher auffordere, diese Notwendigkeiten bei der Überarbeitung der Medizinprodukterichtlinien zu bedenken.

Stellungnahme zur BfArM-Anfrage betreffend des Medizinproduktes „Macrolane™“ 12. Dezember 2011 (Dr. med. A. Ziah Taufig):
http://tinyurl.com/dgpraec-macrolane

Meldung des Herstellers „Q-Med“ auf der Seite des BfArM (April 2012):
http://tinyurl.com/bfarm-macrolane

DGPRÄC Presseinformation „Brustvergrößerung mit Hyaluronsäure – Studienlage ist dürftig!“, 26. Juni 2008: http://tinyurl.com/7yea3sn