Berlin, 26.06.2017 – „Spare bis zu 70%“ – Faltenbehandlungen mit Hyaluronsäure werden auf Internet-Portalen und in Einkaufsstraßen zu Sonderpreisen angeboten. Dass hinter diesen Angeboten nicht immer eine medizinische Ausbildung steht, hat das WDR-Magazin „Markt“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. „Der WDR hat unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt“, sagt Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h. c. Raymund E. Horch, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). „In kurzen Seminaren bringen Heilpraktikerinnen den Kursteilnehmerinnen bei, wie man Hyaluronsäure unter die Haut spritzt – und zwar am lebenden Patienten. Das ist unglaublich und gefährlich.“
Risiken bei mangelndem Anatomie-Wissen
Das Unterspritzen von Hyaluronsäure ist Heilpraktikern erlaubt. Laut WDR-Bericht besuchten jedoch auch Kosmetikerinnen, Nageldesignerinnen und Fußpflegerinnen das Seminar. „Wenn Laien nach nur zwei Stunden Theorie Spritzen in das Gesicht einer Patientin setzen, ist dies verantwortungslos“, betont Prof. Horch. Es brauche Jahre, bis ein Arzt die Gesichtsanatomie so gut kenne, dass er einen Patienten behandle. „Wenn Sie Hyaluronsäuren aus Versehen in ein Blutgefäß oder in einen Nerv spritzen, kann dies ernste Folgen haben. Teile des Gesichts können absterben – oder Sie können erblinden.“ Ein Laie könne die Gefahren weder abschätzen noch die Folgen einer fehlerhaften Unterspritzung behandeln. Das günstige Hyaluronsäure-Angebot könne für den Patienten so schnell zu einer großen Gefahr werden.
Kosmetiker dürfen nicht spritzen
Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker dürfen Hyaluronsäure unterspritzen, da es sich um kein Arzneimittel handelt. Botulinumtoxin hingegen dürfen nur Ärzte unterspritzen. „Wir beobachten trotzdem die zahlreichen Heilpraktiker-Angebote mit Sorge“, warnt der Plastische Chirurg Prof. Horch. Man müsse bei diesen Eingriffen sehr genau Bescheid wissen über den Verlauf von Nerven, Muskeln und Blutgefäßen sowie über die verschiedenen Schichten der Haut. „Außerdem haben die Deutschen Heilpraktikerverbände (DDH) 2008 betont, dass es nicht zum Aufgabengebiet eines Heilpraktikers gehöre, Schönheitsoperationen durchzuführen.“ Kosmetikerinnen und Kosmetiker hingegen dürfen keine Hyaluronsäure unterspritzen. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe 2012 bestätigt (4 U 197/11). Dennoch finden sich immer wieder entsprechende Angebote. „Die Dunkelziffer ist hier wahrscheinlich hoch“, fürchtet Prof. Horch.
Anbieter sorgfältig auswählen
Wer sich für eine Hyaluronsäure-Behandlung interessiert, sollte daher nicht nur auf den Preis achten. „Patientinnen und Patienten sollten sich für die Wahl des Anbieters Zeit lassen.“ rät Prof. Horch. „Stellen Sie sicher, dass Ihr Arzt weiß, was er tut. Ein Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie verfügt nicht nur über das nötige anatomische Wissen, sondern kann bei Komplikationen auch schnelle Hilfe leisten.“
WDR-Mediathek: „Markt“ vom 21. Juni 2017: „Hyaluronpartys“:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/markt/video-hyaluronpartys-100.html
Urteil Oberlandesgericht Karlsruhe 2012 (4 U 197/11):
http://www.olg-karlsruhe.de/pb/,Lde/1149739/?LISTPAGE=1149731