Hannover – Woran lässt sich der Erfolg Plastischer Chirurgie messen? Sind Patienten nach der OP wirklich glücklicher und zufriedener als zuvor? Mehr als 650 Plastische Chirurgen lockte das Thema „Lebensqualität durch Plastische Chirurgie“ vom 10. bis 12. September in das Congress Centrum Hannover. Die 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) und der 14. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) bot ihren Gästen ein beachtliches Programm.155 wissenschaftliche Forschungs- und Erfahrungsberichte, 21 Experten-Vorträge, 100 wissenschaftliche Poster, 24 wissenschaftliche Sitzungen, drei Round-Table-Diskussionen sowie ganztägige OP- und Präparierkurse vermittelten den neuesten Forschungsstand in der Plastischen Chirurgie. Abgerundet wurde die Tagung durch einen zweitägigen OP-Kurs mit hochrangigen Spezialisten aus Deutschland, Schweden und den USA.
„Wie kann das enorm große Spektrum unseres Fachgebietes die Lebensqualität unserer Patienten verbessern?“, formulierte Tagungspräsident Prof. Dr. Peter Vogt die zentrale Frage des Kongresses. „Oft kann die Korrektur einer Kleinigkeit das Leben entscheidend erleichtern, etwa durch einen abgetragenen Nasenhöcker. Doch auch bei extrem Verletzten steigert schon eine leichte Verbesserung die Lebensqualität enorm, sei es durch eine rekonstruierte Brandnarbe oder durch den Finger, den ein jahrelang Gelähmter plötzlich wieder ein bisschen bewegen kann. Ein bekannter Plastischer Chirurg sagte einmal: Für jemanden, der nichts hat, bedeutet wenig viel.“
Handys und Stammzellen
Das zentrale Diskussion-Panel zum Kongressthema lieferte neben Erfahrungsberichten aus der täglichen Praxis auch harte Fakten. Prof. Dr. Nikolas Papadopulos präsentierte die Ergebnisse seiner Studie, in der 63 Patienten (90 Prozent Frauen) nach einer Bauchdeckenstraffung untersucht wurden. Dabei konnten signifikante Verbesserungen der Lebensqualität in Bezug auf Gesundheit, Fitness und Agilität festgestellt werden. Fast 90 Prozent der Probanden würden den Eingriff weiterempfehlen.
Von der philosophischen Seite beleuchtete der Theologe und Psychotherapeut Dr. Manfred Lütz das Thema Gesundheit. In seinem Festvortrag „Lebenslust – über Risiken und Nebenwirkungen der Gesundheit“ kritisierte er die „Religion Gesundheit“ und den Glaube an ein ewiges irdisches Leben und sorgte für einen interessanten Perspektivwechsel.
Auch von wissenschaftlicher Seite gab es viele Beiträge, die gänzlich neue Wege beschritten. So verblüffte PD Dr. Karsten Knobloch (Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover) mit einer Studie zur Handy-basierten Telemedizin am Beispiel der Überwachung einer freien Lappenplastik. Mit handelsüblichen Mobiltelefonen konnten die Patienten überraschend unkompliziert beobachtet und in wenigen Fällen die Revision des Lappens umgehend veranlasst werden.
Im Bereich der Stammzellen-Forschung gab es zahlreiche interessante Vorträge, etwa zur Rolle von schnell reproduzierenden Pankreas-Stammzellen bei Hautregeneration. Dr. Lars-Hinrich Evers (Plastische Chirurgie, Medizinische Universität Lübeck) fand heraus, dass der Einsatz der Zellen nach Verbrennungsverletzungen die Heilung der Haut signifikant verbesserte.
Preise und Auszeichnungen
In Gedenken an den Wegbereiter der Plastischen Chirurgie, Johann Friedrich Dieffenbach (1792-1847), verlieh die DGPRÄC auch in diesem Jahr die Dieffenbach-Medaille. Preisträger war Prof. Dr. Dr. Fritz E. Müller, an dessen Verdienste Prof. Dr. Peter Eckert in seiner Laudatio erinnerte. Als Gründungsmitglied der “Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen” (der späteren DGPRÄC) war Müller maßgeblich an der Entwicklung der Gesellschaft beteiligt. Auf dem Internationalen Kongress der „International Confederation for Plastic and Reconstructive Surgery“ (IPRS) verhalf er der DGPRÄC 1979 mit einem entscheidenden Antrag zum internationalen Durchbruch. Die Mehrheit der Delegierten stimmte zu, die DGPRÄC zur alleinigen nationalen Vertretung deutscher Plastischer Chirurgen zu ernennen. Dass Prof. Müller nicht nur auf politischen Instinkt, sondern vor allem auf eine wissenschaftliche Expertise zurückblicken kann, bewies er in seiner „Dieffenbach-Vorlesung“ zum Thema „Die Therapie der Brandverletzten. Eine noble Herausforderung und plastische Chirurgie par excellence“.
Eine zweite Dieffenbach-Medaille wurde dieses Jahr posthum an Prof. Dr. Dr. Peter Rudolf Zellner verliehen, dessen Sohn die Auszeichnung stellvertretend entgegennahm. Zellner war 1968 ebenfalls Gründungsmitglied der VDPC und trug entscheidend zum Erfolg der Gesellschaft bei.
Der von der Tagungsleitung gestiftete Preis in Höhe von 1000 Euro für die Präsentation des besten wissenschaftlichen Posters ging in diesem Jahr an PD Dr. med. Holger Bannasch. Den mit 1500 Euro dotierten Preis für den besten Vortrag bekam Dr. Theodora Manoli, Klinik für Hand-, Plastische, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie an der BG-Unfallklinik Tübingen.
Das von der Firma Polytech Silimed Deutschland gestiftete Reisestipendium in Höhe von 2500 Euro wurde in diesem Jahr aufgeteilt und ging zu gleichen Teilen an Dr. Thomas Gohla und Dr. Kai Megerle. Schließlich wurde der mit 3000 Euro dotierte Wissenschaftspreis der DGPRÄC für wegweisende, überdurchschnittliche klinische/experimentelle Forschungen auf dem Gebiet der Plastischen Chirurgie an Dr. Ahmet Bozkurt, Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie am Klinikum der RWTH Aachen, verliehen. Bozkurt erforscht seit Jahren die Regeneration peripherer Nerven. Alternative Nervenersatzverfahren sowie die Entwicklung statischer und dynamischer Funktionstests nach Nervenregeneration sind Kern seiner Arbeiten.