Berlin – „Zunehmend erreichen uns Männer, die bei Problemen mit ihrer Brust eine wahre Odyssee bis zur Operation hinter sich haben. Offenbar wissen die Patienten nicht, wer der geeignete Ansprechpartner bei Brustkrebs oder Gynäkomastie, der vergrößerten männlichen Brust, ist“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Raymund E. Horch, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). „Durch die zertifizierten Brustzentren, die in Deutschland für die primäre Brustkrebsbehandlung häufig in der Frauenheilkunde angesiedelt sind, ist für Frauen der Zugang zur qualitätsgesicherten Therapie gebahnt. Männern fällt der Gang zum Frauenarzt aus verständlichen Gründen eher schwer.“ In beiden Fällen seien Plastische und Ästhetische Chirurgen die geeigneten Partner für einen operativen Eingriff. Wie oft in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie, sei die Kooperation mit anderen Fachärzten bei Krebserkrankungen elementar.
Gynäkomastie – die weibliche Brust beim Mann
Im Vorfeld einer operativen Behandlung der Gynäkomastie seien mögliche Erkrankungen vom Hausarzt oder auch Urologen auszuschließen. Zu einer Vergrößerung der Brust könne es etwa durch Erkrankungen der Hirnanhangdrüse oder die Einnahme von Medikamenten kommen. „Es ist ja keinem geholfen, wenn die Ursache der Gynäkomastie unbehandelt bleibt“, stellt Prof. Horch klar. Man müsse unterscheiden zwischen einer Gynäkomastie, bei der sich Brustdrüse und Fettgewebe vergrößerten, und einer Pseudogynäkomastie, die hauptsächlich aus Fettgewebe bestehe. „Im ersten Fall wird die Brustdrüse und überschüssiges Fett mit dem Skalpell entfernt, bei der Pseudogynäkomastie hingegen ist je nach Ausprägung auch eine Absaugung des Fettes möglich“, berichtet der Plastische und Ästhetische Chirurg. Eine eventuelle Kostenübernahme sei im Vorfeld bei den gesetzlichen Krankenkassen zu beantragen. „Bisher ist die Gynäkomastie nicht mit Medikamenten heilbar. Eine Verkleinerung ist nur durch chirurgische Maßnahmen möglich“, erklärt Prof. Horch. Dabei verwundere es den Plastischen Chirurgen, dass die Behandlungszahlen für diesen Eingriff seit Jahren stabil blieben, obgleich die Adipositas deutlich zunehme. So hätten die Plastischen Chirurgen Deutschlands im Jahr 2014 rund 4200 Patienten mit Gynäkomastie behandelt, 2012 und 2011 je rund 4700.
Brustkrebs beim Mann – selten, aber existent
„Verglichen mit der Gynäkomastie ist der Brustkrebs beim Mann ein deutlich selteneres Phänomen,“ berichtet Prof. Horch. Laut Krebsinformationsdienst erkrankten jährlich 620 Männer, dies entspreche etwa einem Prozent aller Brustkrebspatienten. „Die operative Behandlung ist der Behandlung der Gynäkomastie sehr ähnlich. Da das männliche Brustgewebe in der Regel nicht so ausgeprägt ist, wird hier üblicherweise die gesamte Brustdrüse entfernt. Dieser als ,Andromastektomie‘ bezeichnete Eingriff, hat in der Regel ein gutes kosmetisches Ergebnis und sichert ab, dass das Tumorgewebe auch tatsächlich entfernt ist“, erläutert Prof. Horch. Die interdisziplinäre Kooperation sei dabei unerlässlich. So müsse eventuell eine onkologische Nachbehandlung erfolgen. „Fachärzte für Plastische Chirurgie sind für die operative Behandlung von Erkrankungen der Männerbrust jedenfalls speziell ausgebildet und als Anlaufstation für Betroffene eine richtige Adresse.“