Hamburg, 26.09.2019 – Anfang Juli kam es in Düsseldorf in Folge einer Gesäßvergrößerung mit zuvor abgesaugtem Eigenfett durch einen Internisten zu einem Todesfall. Im Nachgang wurde bekannt, dass in derselben Praxis bereits eine Patientin bei diesem Eingriff verstorben ist. Der Operateur hatte als Internist keine chirurgische Weiterbildung. „Das ist etwa so, als würde ein Plastischer Chirurg nach einem Wochenendkurs Herzkatheter-Untersuchungen durchführen. Es ist bekannt, dass Eigenfett-Transplantationen zur Gesäßvergrößerung ein hohes Risiko von Fettembolien haben und besondere Erfahrungen und anatomische Kenntnisse des Operateurs fordern. Um Patienten vor lebensbedrohlichen Komplikationen zu schützen, fordern wir eine nachgewiesene Weiterbildung in der Plastischen Chirurgie, um Ästhetische Operationen durchführen zu dürfen“, erklärt Prof. Dr. Riccardo Giunta, Präsident der DGPRÄC.
G-BA liberalisiert Liposuktion bei Lipödem
„Noch unter dem Eindruck dieser Geschehnisse, ist es nicht nachvollziehbar, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 18. September entschied, dass die Liposuktion, also Fettabsaugung beim Lipödem im Stadium drei zunächst befristet bis 2024 von sämtlichen operativ tätigen Fächern durchgeführt werden darf, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen. Die speziellen Weiterbildungsinhalte des Facharztes für Plastische Chirurgie (wie OP Katalog, Weiterbildungszeit, Prüfung etc.), der von den Landesärztekammern geprüft wird, werden also explizit nicht gefordert,“ führt Giunta, aus.
Schulung ersetzt Weiterbildung?
„Die DGPRÄC begrüßt, dass der G-BA, Frauen, die massiv unter dem Lipödem leiden, eine Operation ermöglicht. Allerdings wirft die Ausgestaltung der Richtlinie Fragen auf“, stellt Giunta klar. Was im Grundsatz zu begrüßen ist, verstöre in der Umsetzung. So soll es neben Plastischen Chirurgen, die als einzige Facharztgruppe die Liposuktion in ihrer Weiterbildung zum Facharzt erlernen und nachweisen müssen, sämtlichen operativen Fächern ermöglicht werden, diese Eingriffe vorzunehmen. „Man stelle sich vor, nach 20 Eingriffen unter Anleitung eines Operateurs, der mindestens 50 Eingriffe durchgeführt hat, soll es also etwa dem Herzchirurgen oder Orthopäden erlaubt sein, Liposuktionen durchzuführen“, berichtet Giunta und fragt sich, was der G-BA denn wohl unter operativen Fächern verstehen möge und wer diese Kriterien denn kontrollieren wird. Damit sei der G-BA bei der Behandlung des Stadium III noch weiter gegangen, als bei der beschlossenen Erprobungsstudie, wo Plastische Chirurgen und Dermatologen zum Verfahren zugelassen sind. „Man fragt sich schon, wozu es von den Ärztekammern mit Fachgesellschaften entwickelte Weiterbildungskataloge überhaupt gibt und Facharztprüfen, wenn der G-BA diese Grundsätze einfach über den Haufen wirft und jedes vorhandene Qualitätskriterium an den Anspruch des Operateurs ignoriert“, ärgert sich der Plastische Chirurg und stellt klar: „Eine Schulung ersetzt keine durch die Ärztekammern geprüfte Weiterbildung“.
Forderung an die Politik: Patienten wirksam schützen!
Bereits im April 2019 hatte sich die DGPRÄC an den Gesundheitsminister Spahn gewandt und darauf gedrungen, Patienten wirksam vor fachfremden Operationen zu schützen und diesen Appell im August erneuert. Ein Phänomen, dass in der ästhetischen Chirurgie schon lange problematisch ist, weitet sich nun mit dem Segen des G-BA auch noch in den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung aus. „Ich appelliere nun an den Bundesgesundheitsminister, den Patientenschutz in den Vordergrund zu stellen und den Beschluss in dieser Form nicht zu unterzeichnen, so dass er nicht wirksam wird. Es war Spahns ausdrücklicher Wunsch, dieser Patientengruppe zu helfen, noch bevor die Erprobungsstudie abgeschlossen ist. Nun ist er auch für ihre Sicherheit in der Verantwortung“, fordert der Plastische Chirurg.
Beschluss des G-BA: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-3963/2019-09-19_QS-Massnahmen_Liposuktion-Lipoedem-III.pdf