Berlin/Paris – Im Fall der fehlerhaften Brustimplantate des Herstellers PIP (Poly Implants Prothèses) hat das französische Gesundheitsministerium nun eine Entscheidung getroffen. Die schätzungsweise 30.000 betroffenen Patientinnen wurden aufgefordert, sich ihre Implantate vorsorglich entfernen zu lassen. „Es besteht laut Auskunft der französischen Aufsichtsbehörde aber kein Grund zur Eile“, erläutert Prof. Dr. Peter M. Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). Eine Entfernung erscheine sinnvoll, da die Implantate schneller reißen und das dann austretende Silikon nur schwer zu entfernen sei. Eine krebserzeugende Wirkung des fehlerhaften Gels habe das französische Krebsinstitut bis dato allerdings nicht nachweisen können. Das französische Expertenkomitee tage am 5. Januar 2012 erneut. „In jedem Fall schließen wir uns der französischen Empfehlung an und werden unsere Mitglieder entsprechend informieren“, berichtet Prof. Vogt. Bei den betroffenen Implantaten handele es sich um Produkte der Hersteller PIP und „Rofil Medical Nederland“ (identisch mit PIP).
Kosten für die Implantat-Entfernung
„Es ist leider zu vermuten, dass sich die Betroffenen häufig explizit einen günstigen Anbieter gesucht haben. Gerade diese Frauen dürften mit den Kosten für eine Implantat-Entfernung vor finanzielle Probleme gestellt werden“, befürchtet Prof. Vogt. Es müsse verhindert werden, dass sich Patientinnen aus Kostengründen gegen eine Entfernung entscheiden und ihre Gesundheit riskieren. Aktuell bemühe sich die DGPRÄC, so Prof. Vogt, herauszufinden, wie viele Patientinnen von Plastischen und Ästhetischen Chirurgen mit den betroffenen Implantaten versorgt worden seien. Sobald diese Zahl vorliege, werde man sich an die Kostenträger und das Bundesgesundheitsministerium wenden, um herauszufinden, wie hier eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen gestaltet werden könne. Eventuell komme es dann im Verlauf zu einer Beteiligung der Kosten beim Patienten nach SGB V § 52 (2). Wie mit den nicht rupturierten/undichten Implantaten bezüglich der Kosten zu verfahren sei, sei aktuell noch nicht geklärt. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen habe bisher in einem Interview die Behandlung bei medizinischer Notwendigkeit zugesagt, allerdings auch angekündigt, hier die Patienten entsprechend SGB V § 52 (2) in die Pflicht zu nehmen. „Es ist eine Frage der staatlichen Fürsorge, dafür zu sorgen, dass die Implantate nicht aus Kostengründen im Körper verbleiben“, betont Prof. Vogt.
Zulassungsprozess von Medizinprodukten ändern
Er macht deutlich, dass es zu diesem in der Medizingeschichte wohl einmaligen Fall nur kommen konnte, weil die Medizinprodukte-Zulassung offenbar sehr durchlässig sei. „Weder behandelnde Ärzte noch Patientinnen konnten ahnen, auf was sie sich hier einlassen. Es ist aus meiner Sicht eine Frage des Anstandes, hier politische Konsequenzen zu ziehen und Betroffene nicht alleine zu lassen“, fordert Prof. Vogt abschließend und kündigt an, sich massiv für eine Änderung der auf europäischer Ebene geregelten Medizinprodukte-Zulassung einzusetzen.