Berlin – „Die Schadenersatz-Klagen der Patientinnen wurde völlig zu Recht abgewiesen“, kommentiert Prof. Dr. Peter Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), die Entscheidungen des Landgerichts Karlsruhe. Zwei Frauen, denen 2007 in einer Karlsruher Klinik fehlerhafte Brustimplantate des Herstellers „PIP“ eingesetzt worden waren, hatten den behandelnden Arzt auf 30.000 Euro verklagt. Das Gericht entschied in beiden Fällen, dass es 2007 noch keine Anhaltspunkte gegeben habe, die Qualität von PIP-Implantaten in Zweifel zu ziehen. „Ärzte haben keine Möglichkeit, Medizinprodukte vor der Anwendung umfassend zu prüfen und müssen sich daher gemeinsam mit ihren Patienten auf die offizielle Zulassung verlassen können“, betont Prof. Vogt. Dies hatte die DGPRÄC bereits zu Beginn des Prozesses im November 2012 konstatiert.
Informationen finden und bewerten
„Man kann sich nicht in jedem Fall auf zugelassene Medizinprodukte verlassen – dies zeigt der Fall PIP“, kritisiert Prof. Vogt und verweist auf die Meldungen der Website des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Hier würden teilweise ganze Chargen zurückgerufen, nahezu täglich gebe es Meldungen zu Medizinprodukten. Der Plastische und Ästhetische Chirurg hat daraus seine Konsequenzen gezogen: „Ich empfehle Ärzten dringend, den RSS-Feed des BfArM zu abonnieren, so dass sie stets über Rückrufe informiert sind. Literaturrecherche, der Austausch mit Kollegen und Kongressbesuche sollten selbstverständlich sein. Ergänzend informiert auch die DGPRÄC bei Rückruf und ruhender Zulassung von Medizinprodukten.“
Forderungen an die Zulassung
Aus Prof. Vogts Sicht müsse im Interesse eines besseren Patientenschutzes allerdings viel früher angesetzt werden: „Wir müssten die Zulassung ändern und Transparenz erhöhen, um nicht erst reagieren zu können, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.“ Dies fordert auch eine europäische Expertengruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Edmund Neugebauer (Universität Witten-Herdecke), die sich im März 2013 im Rahmen der Überarbeitung der europäischen Medizinprodukterichtlinie („Medical Device Directive“) an EU-Parlament, Kommission und den Europäischen Rat gewandt hat. „Mit großer Erleichterung habe ich festgestellt, dass auch diese Experten die Forderungen der DGPRÄC im Wesentlichen teilen“, konstatiert Prof. Vogt. Die Gruppe mache im Wesentlichen drei verbesserungswürdige Punkte aus: „1. Dezentralisierung und Unabhängigkeit des Regulierers, 2. Evidenz für klinischen und patientenrelevanten Nutzen, 3. Mangel an Transparenz (bei Prozessen und Ergebnissen).“ Die DGPRÄC, so Prof. Vogt, unterstütze die unter diesen drei Punkten näher ausgeführten Forderungen vollumfänglich. „Ohne Gewährleistung dieser Grundanforderungen an ein suffizientes System ist es uns Ärzten schlicht unmöglich, der Anforderung, den Patienten primär nicht zu schaden, umfassend nachzukommen. Es fehlen schlicht die Daten für eine angemessene Bewertung“, schließt Prof. Vogt und hofft sehr, dass sich die EU-Gremien mit der Stellungnahme auseinandersetzen werden. Mit den Autoren geht er davon aus, dass eine derartige Anpassung der Regularien letztlich auch der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie diene.
Die Petition zu der EU-Richtlinie finden Sie hier:
www.uni-wh.de/aktuelles/detailansicht/artikel/medizinprodukte-forschergruppe-reicht-petition-zur-eu-richtlinie-ein-2
Informationen der DGPRÄC zu PIP finden Sie hier: www.dgpraec.de/pip
RSS-Feed des BfArM: www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/riskinfo/kundeninfo/functions/kundeninfo-node.html