Berlin – Am 12.12.2000 haben die Britischen Gesundheitsbehörden die Zulassung für NovaGold TM- und PIP-Brustimplantate widerrufen. Als Begründung hierfür wurde angegeben, daß die vorhandenen Studien nicht ausreichen, um die Gewebsverträglichkeit der verwendeten Hydrogele zu beweisen. Die Zulassung soll solange ruhen, bis die Bedenken durch zusätzliche Nachweise ausgeräumt werden können. Die Behörde weist mit Nachdruck darauf hin, daß es sich hierbei um eine vorsorgliche Maßnahme handelt und daß keinerlei Gesundheitsgefährdun-gen nachgewiesen wurden. Auch gäbe es keinen Hinweis auf eine Gefährdung von Frauen während der Schwangerschaft. Es seien auch keine Gesundheitsschäden bei Kindern, deren Mütter während Schwangerschaft und/oder Stillphase Hydrogelimplantatträgerinnen waren, zu befürchten.
Es wird des Weiteren darauf hingewiesen, daß es keinen Grund gibt, zur Entfernung von NovaGoldTM- oder PIP-Implantaten zu raten. Den betroffenen Frauen wird empfohlen, sich entweder mit ihrem Operateur oder einem Spezialisten in ihrer Region in Verbindung zu setzen, um sich beraten zu lassen. Die Britischen Gesundheitsbehörden verhandeln derzeit mit den Herstellerfirmen wegen einer Kostenübernahme für diese Beratung.
Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die betroffenen Hersteller Novamedical Products GmbH und Poly Implant Prosthesis (PIP)/Clover Leaf Products Ltd. zur Stellungnahme aufgefordert.
Die betroffenen Hydrogelimplantate bestehen aus einer Silikonhülle, die mit einem Hydrogel, bestehend aus Polyvinylpyrrolidon (PVP) gefüllt sind. Hydrogele sind Substanzen, die in einer Reihe von pharmazeutischen Produkten, Nahrungsmitteln und Medizinprodukten wie z. B. Kontaktlinsen vorkommen. Von der Rückrufaktion betroffen sind aber nur NovaGoldTM- und PIP-Brustimplantate. Hydrogele in anderen Anwendungsbereichen können unverändert weiterhin eingesetzt werden.
In Deutschland sind nach Angaben der Herstellerfirma 16.000 Frauen Trägerinnen von NovaGoldTM- und PIP-Implantaten. Ca. 12.000 dieser Frauen haben ihre Brustimplantate zur Wiederherstellung der Brust nach einer Krebsoperation erhalten.
Die Qualitätssicherungskommission der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (VDPC) hat in den letzten Jahren auf nationaler und auf internationaler Ebene eng mit den zuständigen Gesundheitsbehörden kooperiert, um die Sicherheit von Brustimplantaten weiter zu erhöhen. Deshalb wurde sie auch mit der Leitung der Qualitätssicherungskommission im Weltverband betraut. Eine Vielzahl internationaler Qualitätssicherungsprojekte wurden von Deutschland aus angeregt.
Eines dieser Projekt ist die im Herbst dieses Jahres gestartete internationale Registrierung von Silikon-Brustimplantaten. Die Finanzierung dieses Projektes ist für das erste Jahr durch die Stiftung der „American Society of Plastic Surgery (ASPS)” gewährleistet.
Dem Europäischen Parlament liegt eine Empfehlung vor, durch zusätzliche Maßnahmen die Sicherheit bei Brustimplantaten zu erhöhen. Die Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (VDPC) hat einen Teil dieser Maßnahmen angeregt.
Der Maßnahmenkatalog beinhaltet unter anderem:
- ein Mindestalter für ästhetische Brustvergrößerungen (18 Jahre)
- Einführung einer Wartezeit von mindestens 2 Wochen zwischen Erstberatung und Operation
- Förderung von Alternativen als Lösung für Patientinnen, bei denen ein Brustwiederaufbau oder eine Brustvergößerung mit Implantaten nicht angeraten erscheint (z.B. Operationskurse zur Widerherstellung der Brust mit eigenem Gewebe oder die Einführung eines Spezialbüstenhalters, durch den eine Brustvergrößerung erzielt werden kann. Dieser Spezialbüstenhalter (Handelsnahme „BRAVA“ ) kommt im Januar in den USA in den Handel und soll über die Plastischen Chirurgen im Herbst nächsten Jahres auch in Deutschland eingeführt werden.
- Der im Aufrtrag der Europäischen Union von der VDPC erstellte Patientenaufklärungsbogen (Bestandteil der „Guidelines of Conformity Assessment of Breast Implants according to directive 93/42/EEC relating to Medical Devices“) wird den Patientinnen ausgehändigt und ausführlich besprochen.
Für Patientinnen mit Hydrogelimplantaten sind die Mitglieder der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (VDPC) über die Praxis- oder Kliniktelefonnummern 24 Stunden am Tag erreichbar. Weitere Informationen unter der „Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (VDPC)“ und der „Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen e.V.“.
15.12.2000
Dr. med. Marita Eisenmann-Klein
Qualitätssicherungskommission Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen