Berlin, 26. November 2020 – „Endlich passiert etwas!“, zeigt sich Prof. Dr. Lukas Prantl, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) erleichtert, nachdem das Düsseldorfer Landgericht einem Internisten, der wegen fahrlässiger Körperverletzung und Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen angeklagt ist, vorübergehend die Berufserlaubnis entzog. Unfassbar: Der Arzt praktizierte, wie seinem Instagram Profil zu entnehmen ist, nahtlos seit dem letzten Todesfall am 02. Juni 2018 weiter, sein letzter Post stammt vom 09. November dieses Jahres, der Eingriff – eine Gesäßvergrößerung.
Rechtslage nicht ausreichend
„Dieser dramatische Fall zeigt eindrücklich, dass die Rechtslage in Deutschland bei weitem nicht ausreichend ist, um Patienten und Patientinnen wirksam vor unqualifizierten Operateuren zu schützen“, konstatiert Prantl und zeigt sich erneut erleichtert, dass der Richter den Operateur nun erstmal die Tätigkeit wegen Wiederholungsgefahr untersagt hat. „Es bleibt zu hoffen, dass ein entsprechendes Urteil folgt und im besten Fall die Approbation dauerhaft entzogen wird“, so Prantl, der davon überzeugt ist, dass der Arzt seine Tätigkeit sonst nach der möglichen Haftstrafe sogleich wieder aufnehmen wird. „Dass dies überhaupt möglich ist, liegt an der Rechtslage in Deutschland“, erläutert Prantl. Zwar schreibe die Berufsordnung vor, dass Ärzte nur solche Eingriffe durchführen dürfen, die sie in ihrer Weiterbildung erlernt haben, werde dagegen verstoßen, würde dies aber in der Regel nicht sanktioniert. „Im Ergebnis sehen wir mit wachsender Popularität ästhetischer Eingriffe und einer Ausweitung der Anbieter solcher Eingriffe immer mehr Komplikationen“, berichtet der Plastische Chirurg aus der täglichen Praxis und ergänzt, dass zahlreiche Appelle an den Gesetzgeber, hier eine Änderung zu erreichen, leider verhallten. „Wir werden das Verfahren nun als Anstoß nehmen, den Dialog erneut aufzunehmen, sehen aber kein wirkliches Interesse des Gesetzgebers, die Patientensicherheit in diesem Bereich durch unterschiedliche Maßnahmen zu erhöhen“, bedauert Prantl und erinnert daran, dass es bereits 2008 eine ergebnislose Bundestagsanhörung zum Verbraucherschutz bei Schönheitsoperationen gab.
Enorme Risiken erfordern besondere Qualifikation
„Die Glutealaugmentation hat mit 1 zu 3.000 Fällen die höchste Todesrate bei allen ästhetischen Eingriffen und ist damit am gefährlichsten für die Patientinnen“, erklärt der Plastische Chirurg, umso wichtiger sei es, einen qualifizierten, entsprechend ausgebildeten Plastischen und Ästhetischen Chirurgen zu wählen. Bereits im Sommer 2018 hatte ein internationales Konsortium plastisch-chirurgischer Fachgesellschaften vor einer erhöhten Todesrate bei Glutealvergrößerung gewarnt, die DGPRÄC ihre Mitglieder entsprechend informiert. Bei der Operation saugen Ärzte das Fett von Stellen ab, an denen es stört und spritzen es in das Gesäß. „Die Mitglieder des internationalen Konsortiums haben an Obduktionen teilgenommen: alle Autopsien verstorbener BBL-Patienten hatten folgende Befunde gemeinsam: 1) Fett in den Gesäßmuskeln; 2) Fett unter den Muskeln; 3) Schäden an der oberen oder unteren Gesäßvene; 4) massive Fettembolie im Herzen und/oder in der Lunge. Noch keine Autopsie hat einen Todesfall mit Fett im Fettgewebe gezeigt“, berichtet Prantl. So war es dann wohl auch im Düsseldorfer Fall, wo eine Patientin an einer Fettembolie verstarb, eine weitere durch Einblutungen in Rücken- und Gesäßmuskulatur. „Plastische Chirurgen wissen, wie sie bei etwaigen Komplikationen reagieren müssen, um Patienten schnell helfen zu können“ erläutert Prantl und ergänzt, das diese in ihrer Weiterbildung, anders als andere Facharztgruppen, die Fettabsaugung erlernt und anatomische Kenntnisse am gesamten Körper erworben hätten.
Die DGPRÄC rät daher dringend dazu, sich an einen Plastischen Chirurgen zu wenden, diese sind etwa unter www.plastische-chirurgie.de zu finden.