Berlin – Es ist Kompliment und Bestätigung für jeden Abnehmenden, wenn die alten, viel zu großen Kleider nicht mehr passen. Auch die Haut ist wie ein Mantel – nur lässt sich dieser nicht ohne weiteres austauschen. Erste Datenerhebungen zeigen, dass etwa 30 Prozent der Patienten, die erfolgreich ihr krankhaftes Übergewicht bekämpft haben, anschließend von einem funktionell störenden Hautüberschuss betroffen sind, der sich über Jahre ausgebildet hat und nun schlaff am Körper hängt. Nicht nur das Aussehen leidet, auch Entzündungen oder Pilzinfektionen in den Hautfalten können die Folge sein. Im DGPRÄC-Expertenchat mit Dr. Adrian Dragu wurde deutlich, dass die Aussicht auf eine chirurgische Entfernung der „Hautlappen“ ein zusätzlicher Ansporn für die Abnehmenden bedeutet. Die Illusion, dass die Spuren der Fettsucht (Adipositas) mit einer einzigen Operation beseitigt werden könnten, musste der Oberarzt der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen den Chat-Teilnehmer zunächst nehmen: „Gleichzeitige Operationen an Bauch, Oberschenkeln, Oberarmen und der Brust sind extrem risikoreich und nicht zu empfehlen.“ Vielmehr müssten diese Problemzonen einzeln operiert werden, im Abstand von vier bis sechs Monaten. Bevor eine Operation überhaupt in Betracht gezogen werden kann, muss der Patient mindestens ein halbes Jahr lang sein neues Gewicht konstant gehalten haben. Auch nach dem Eingriff sollte er sein Gewicht nicht mehr ändern. „Eine erneute Zunahme oder Abnahme würde das gesamte Ergebnis der Operation gefährden“, warnt Dr. Dragu. „Außerdem sind Folgeoperationen an bereits operierten Körperstellen sehr risikoreich.“
Ob überhaupt operiert werden muss, hängt vom individuellen Hauttyp ab. „Nicht jeder Patient, der Gewicht abnimmt, hat eine erschlaffte Haut. Es gibt einerseits Patienten, die 30-40 Kilogramm abgenommen haben und operiert werden müssen – und es gibt andererseits einige wenige Patienten, die über 100 Kilogramm abgenommen haben und bei denen sich das Gewebe vollständig zurückgezogen hat“, betont der Plastische Chirurg. Bei Patienten, die bereits seit ihrer Jugend übergewichtig waren, ist die Notwendigkeit einer Straffungsoperation aber sehr wahrscheinlich.
Die Erstattung durch die Krankenkassen stand im Expertenchat wiederholt im Mittelpunkt. „Im Rahmen des ärztlichen Gespräches wird idealerweise ein Therapieplan für die nächsten ein bis zwei Jahre erstellt. Die individuell notwendigen Operationen werden aufgelistet und medizinisch begründet. Der Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und die Krankenkasse entscheiden dann, welche Operationen akzeptiert werden“, erklärt Dr. Dragu. Zunehmend setze sich bei den Kassen die Erkenntnis durch, dass es sich bei der Plastischen Adipositas-Chirurgie keineswegs um „Schönheitschirurgie“ handele, sondern um medizinisch notwendige Eingriffe.